Transportmarkt 31.03.2022
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LKW-Fahrermangel: Warum Fahrer fehlen und welche Lösungen wirklich helfen

Ein Mann sitzt an dem Lenkrad eines LKW, lächelt und zeigt dabei den Daumen hoch

Leere Regale im Supermarkt, fehlende Materialien in der Produktion und stockende Lieferketten könnten in Zukunft zur neuen Realität werden. Nicht, weil es an Waren mangelt, sondern weil es niemanden gibt, der sie transportiert. Der LKW-Fahrermangel ist bereits heute spürbar und betrifft längst nicht mehr nur Speditionen und Transportunternehmen.

Im Jahr 2023 fehlten in Deutschland rund 70.000 LKW-Fahrer. Ohne entschlossene Gegenmaßnahmen dürfte diese Zahl in den kommenden Jahren weiter zunehmen. 

In diesem Artikel werden die Ursachen des Fahrermangels analysiert, aktuelle Entwicklungen dargestellt und konkrete Lösungsansätze für Politik, Branche und Unternehmen aufgezeigt.  

LKW-Fahrermangel in Zahlen: Status Quo und Ausblick

Der Fahrermangel ist kein plötzlich auftretendes Phänomen, sondern das Ergebnis einer seit Jahren absehbaren Entwicklung. 2023 fehlten in Deutschland rund 70.000 Berufskraftfahrer. Pro Jahr scheiden etwa 30.000 LKW-Fahrer aus, während nur 15.000 Nachwuchskräfte nachrücken. 

Auch auf europäischer Ebene ist die Situation kritisch. Laut der International Road Transport Union (IRU) waren im Jahr 2024 bereits 426.000 LKW-Fahrerstellen in Europa unbesetzt. Für das Jahr 2028 prognostiziert die IRU einen weiteren Anstieg auf bis zu 745.000 unbesetzte Stellen.

Besonders alarmierend ist die demografische Entwicklung: Das Durchschnittsalter der Fahrer in Europa liegt bei 47 Jahren, wobei rund ein Drittel der Fahrer bereits über 55 Jahre alt ist und kurz vor dem Renteneintritt steht. In den nächsten zehn Jahren droht so eine drastische Verknappung. 

Der Blick auf den Nachwuchs verstärkt dieses Bild: Unter 5 Prozent der Fahrer in Europa sind unter 25 Jahre alt. In Deutschland waren es 2023 sogar nur 2,6 Prozent. Auch der Frauenanteil ist sehr gering. In Europa sind nur etwa vier Prozent der LKW-Fahrer weiblich. 

Der LKW-Fahrermangel ist ein langfristiges strukturelles Problem, das ohne Gegenmaßnahmen zu einer kritischen Personallücke mit weitreichenden Folgen für Industrie, Handel und Gesellschaft führt. Doch worin liegen die Ursachen für diese Entwicklung? 

Ursachen des Fahrermangels 

Der demografische Wandel – insbesondere das altersbedingte Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge – ist ein wesentlicher Treiber des Fahrermangels. Doch er allein erklärt nicht, warum sich immer weniger Menschen für den Beruf des LKW-Fahrers entscheiden. Vielmehr leidet die Branche seit Jahren unter strukturellen, kulturellen und arbeitsbezogenen Problemen, die die Attraktivität des Berufsbilds deutlich mindern. 

Geringe gesellschaftliche Anerkennung und betriebliche Wertschätzung

Berufskraftfahrer übernehmen eine zentrale Rolle in der Versorgung von Bevölkerung und Wirtschaft, erhalten dafür aber nur wenig gesellschaftliche Anerkennung. 
In der öffentlichen Wahrnehmung dominiert häufig ein negatives Berufsbild. Der Beitrag von LKW-Fahrern wird oft erst dann wahrgenommen, wenn Lieferketten stocken oder Regale leer bleiben. 

Doch es mangelt nicht nur an gesellschaftlicher Anerkennung, sondern vielfach auch an betrieblicher Wertschätzung. 
Wie tief das Problem reicht, zeigen auch die Ergebnisse einer 2024 veröffentlichten Studie aus dem Forschungsprojekt LeitFahr3: Wissenschaftler des Fraunhofer IIS, der Technischen Hochschule Augsburg (THA) und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) haben gemeinsam mit Unternehmen aus Lebensmittellogistik, Großhandel und Logistik-Dienstleistung mithilfe von Interviews und Workshops herausgearbeitet, welchen Herausforderungen LKW-Fahrern begegnen und wie hier gegengesteuert werden kann.  Demnach fühlt sich ein Drittel der befragten Berufskraftfahrer von Vorgesetzten kaum oder gar nicht unterstützt. 65 Prozent gaben an, unzureichend in betriebliche Abläufe eingebunden zu sein. Fehlende Kommunikation und das Gefühl, Mitarbeiter „zweiter Klasse“ zu sein, prägen das Bild. 

Doch auch außerhalb des eigenen Unternehmens stoßen viele Fahrer regelmäßig auf schwierige Bedingungen, insbesondere im direkten Kontakt mit Kunden. 69 Prozent berichteten von belastenden Situationen an der Rampe. 

Schlechte Arbeitsbedingungen

Eine weitere Ursache für den LKW-Fahrermangel sind die häufig belastenden Arbeitsbedingungen.

  • Soziale Isolation und schlechte Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben: Berufskraftfahrer sind oft über Stunden hinweg allein unterwegs. Im Fernverkehr haben sie unregelmäßige Arbeitszeiten und sind auch an Wochenenden und Feiertagen unterwegs.
  • Erschöpfung und schlechte Schlafqualität durch Staus sowie überfüllte und laute Rastplätze
  • Mangelnde Hygienestandards durch verschmutzte Sanitäranlagen an Rastplätzen und fehlenden Zugang zu Toiletten an Be- und Entladestellen
  • Rückenbeschwerden, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlafstörungen und weitere gesundheitliche Folgen durch langes Sitzen, wenig Bewegung, hohen Zeitdruck sowie einseitige Ernährung

Diese Belastungen führen dazu, dass viele Beschäftigte den Beruf vorzeitig verlassen oder sich gar nicht erst dafür entscheiden. 
 

Unattraktive Bezahlung und fehlende Entwicklungsperspektiven

Viele Berufskraftfahrer empfinden die Bezahlung als zu niedrig, vor allem im Verhältnis zur Verantwortung, die sie tragen und den häufig schwierigen Arbeitsbedingungen. 

Zudem mangelt es im Fahrerberuf an klaren Weiterbildungs- und Entwicklungsperspektiven. Wer einmal in der Fahrerkabine sitzt, hat in vielen Unternehmen selten eine realistische Chance, sich weiterzuentwickeln. Gerade für junge Menschen mindert das die Attraktivität des Berufs. 

Defizite bei der Digitalisierung

Digitale Tools können Arbeitsabläufe für Berufskraftfahrer deutlich erleichtern, etwa durch bessere Kommunikation, effizientere Routenplanung oder optimierte Abläufe an der Rampe. Doch viele Transportunternehmen hängen in puncto Digitalisierung hinterher oder binden Fahrer nicht aktiv in digitale Prozesse und die Auswahl von Tools ein. 

Gleichzeitig führt die fortschreitende Digitalisierung zur Verunsicherung bei potenziellen Berufseinsteigern. Sie fürchten, durch autonomes Fahren in naher Zukunft überflüssig zu werden.

Wegfall der Wehrpflicht

Ein weiterer struktureller Faktor ist der Wegfall der Wehrpflicht im Jahr 2011. Zuvor hatten viele junge Wehrdienstleistende als Teil ihrer Ausbildung bei der Bundeswehr die Möglichkeit, den LKW-Führerschein zu erwerben. Für die Transportbranche war das eine stabile Nachwuchsquelle, da viele dieser Fahrer nach ihrer Dienstzeit zu Speditionen und Transportunternehmen wechselten. Mit der Aussetzung der Wehrpflicht ist dieser Rekrutierungsweg vollständig entfallen, ohne dass ein vergleichbares staatliches Fördermodell nachfolgte. 

Wechselwille als Warnsignal

All diese Faktoren führen zu wachsender Unzufriedenheit und zur realen Gefahr, dass Fahrer der Branche den Rücken kehren. Laut LeitFahr3-Studie denkt etwa ein Viertel der befragten LKW-Fahrer ernsthaft über einen Berufswechsel nach. 
Ein Alarmsignal, das zeigt: Es braucht konkrete Maßnahmen, um den Beruf wieder attraktiver zu machen und Fachkräfte langfristig zu binden – auf betrieblicher wie politischer Ebene. 

 

Lösungsansätze für den LKW-Fahrermangel: Was Politik, Branche und Unternehmen jetzt tun müssen

Infrastruktur modernisieren

Investitionen in eine moderne Infrastruktur sind zentral, denn LKW-Fahrer verbringen den Großteil ihres Arbeitsalltags auf der Straße. Besonders wichtig sind hier:

  • Verbesserung des Straßennetzes, um Stauzeiten und den Stress für Fahrer zu reduzieren
  • Investitionen in saubere und sichere Rastplätze mit Sanitäranlagen und Lärmschutzmaßnahmen

Um freie und sichere LKW-Parkplätze zu finden, können Fahrer auch auf digitale Helfer wie die LKW-App von Aparkado zurückgreifen. 

Aus- und Weiterbildung gezielt fördern

  • Staatliche Förderung von Ausbildung und Qualifizierung, insbesondere für Berufseinsteiger, Quereinsteiger oder ausländische Fahrkräfte
  • Betriebsinterne Weiterbildungen fördern die Zufriedenheit und die Loyalität zum Unternehmen

Sinnvoll ist es hier sowohl auf den Fahrerberuf zugeschnittene Schulungen anzubieten (z. B. Fahrsicherheitstrainings o. Ä.), als auch über Trends und neue Entwicklungen in der Branche aufzuklären. 
Die LeitFahr3-Studie schlägt darüber hinaus auch Sprachkurse für ausländische Fahrer vor, die nicht nur berufliches Vokabular, sondern auch die Alltagskommunikation abdecken. Dies fördert die Integration und das Zugehörigkeitsgefühl.

Wertschätzung und Kommunikation stärken

Wertschätzung darf kein leeres Versprechen bleiben. Sie zeigt sich im direkten Umgang, in gelebten Unternehmenswerten und auch in der öffentlichen Kommunikation. 

  • Betriebliche Wertschätzung äußert sich in fairer Entlohnung, guten Arbeitsbedingungen sowie in der Vereinbarung von Beruf und Privatleben, Kommunikation auf Augenhöhe und Benefits.
  • Führungskräfte, insbesondere Disponenten, sollten im Umgang mit mobilen Mitarbeitenden geschult werden (vgl. LeitFahr3-Studie).
  • Kunden an Verladerampen können durch einen respektvollen Umgang, Hilfe bei Be- und Entladeprozessen sowie durch Zugang zu sanitären Anlagen zur Wertschätzung beitragen.
  • Branchenverbände und Politik sind gefordert, das Berufsbild öffentlich aufzuwerten (z. B. durch Imagekampagnen).

Digitalisierung vorantreiben

Nicht nur die physische Infrastruktur auf Straßen und Rastplätzen, sondern auch die digitale Infrastruktur in der Logistik bietet noch erhebliches Verbesserungspotenzial. Digitale Lösungen können die Arbeit von Fahrern deutlich erleichtern, wenn sie sinnvoll eingesetzt werden.
Die LeitFahr3-Studie kam zu dem Ergebnis, dass digitale Tools vor allem dann akzeptiert und genutzt werden, wenn die LKW-Fahrer in den Auswahlprozess miteinbezogen werden. 

Lösungen wie der TIMOCOM Road Freight Marketplace bieten LKW-Fahrern echte Entlastung und steigern gleichzeitig die Effizienz im Transportmanagement. 
Die Vorteile sind hier unter anderem: 

  • eine intelligente Routenplanung unter Berücksichtigung aktueller Verkehrsdaten, Größen- und Gewichtsbestimmungen, Fahrverbote sowie Kostenfaktoren
  • die Vermeidung von Leerfahrten durch die Nutzung der Frachtenbörse
  • die Reduzierung des Kommunikationsaufwands für Fahrer durch Live-Sendungsverfolgung
  • die Einsparung von Zeit und Kosten durch digitale Auftragsabwicklung

Regeln durchsetzen: Kontrollen für fairen Wettbewerb

Um einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten und Fahrer vor Ausbeutung zu schützen, sind regelmäßige Kontrollen der Einhaltung von Lohn-, Arbeitszeit- und Sozialvorgaben enorm wichtig. Nur wenn gleiche Bedingungen für alle gelten, können faire Löhne gezahlt und gute Arbeitsstandards etabliert oder eingehalten werden. 

Fazit: Gemeinsam gegen den LKW-Fahrermangel vorgehen

Der LKW-Fahrermangel stellt eine der größten Herausforderungen für den Straßengüterverkehr in Deutschland und Europa dar – mit direkten Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft. Die Ursachen sind vielschichtig: demografischer Wandel, unattraktive Arbeitsbedingungen, mangelnde Wertschätzung, fehlende Entwicklungsperspektiven sowie Defizite in der Infrastruktur. 

Um dieser Entwicklung effektiv entgegenzuwirken, sind gemeinsame Anstrengungen von Politik, Branche und Unternehmen erforderlich. Notwendig sind gezielte Investitionen in moderne Infrastruktur, die Förderung von Aus- und Weiterbildungsangeboten, eine stärkere Wertschätzung der Fahrer sowie der Einsatz digitaler Technologien, die den Arbeitsalltag erleichtern. Zudem sind klare Regeln und deren Kontrolle essenziell, um faire Wettbewerbsbedingungen sicherzustellen und die Arbeitsstandards zu verbessern. 

Nur so kann der dringend benötigte Nachwuchs gewonnen werden, damit der Straßengüterverkehr auch in Zukunft seine zentrale Rolle in der Versorgung von Wirtschaft und Gesellschaft zuverlässig erfüllen kann. 
 

Mit dem TIMOCOM Road Freight Marketplace optimieren Sie Ihre Transportprozesse und erleichtern den Arbeitsalltag in Disposition und Fahrerkabine. 

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